31.03.2014
Kürzung des Urlaubsanspruches durch Inanspruchnahme von Elternzeit
Die Kürzungsbestimmung des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG verstößt nicht gegen Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG. Macht der Arbeitgeber hiervon Gebrauch, besteht für den Zeitraum der Elternzeit bei einem späteren Ausscheiden des Arbeitnehmers kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
Urteil des LAG Niedersachsen vom 16.11.2010, Az.: 3 Sa 1288/10
Der Fall:
Die Klägerin befand sind von Beginn 2006 bis 07.02.2009 durchgängig in Elternzeit.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vergleich zum 30.06.2009 begehrte die Klägerin Abgeltung eines Urlaubsanspruches für insgesamt 102 Tage. Sie ging davon aus, dass auch während Elternzeit der Urlaubsanspruch entsteht und aufgrund der Verhinderung, diesen in Natur zu nehmen, ein Abgeltungsanspruch dafür entstünde.
Der beklagte Arbeitgeber wand dagegen ein, dass er den Urlaubsanspruch entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG gekürzt habe und somit der Anspruch nicht bestehe.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin nur einen Abgeltungsanspruch für den nicht genommenen Urlaub außerhalb der Elternzeit zugesprochen.
Die Klägerin hat hiergegen Berufung eingelegt. Diese wurde im Wesentlichen damit begründet, die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG verstoße gegen Art 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG.
Das LAG hat die Berufung zurückgewiesen. Die Entscheidung des ArbG sei fehlerfrei.
Der Urlaubsanspruch ist entsprechend der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG um 1/12 des Jahresurlaubs je Monat genommener Elternzeit gekürzt. Die Erklärung dieser Kürzung muss seitens des Abreitgebers zu keinem bestimmten Zeitpunkt abgegeben werden, sie könne sogar noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen.
Auch verstoße die Regelung nicht gegen Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG.
Es handele sich dabei um eine dort vorgesehene „erforderliche Maßnahme" für die Inanspruchnahme des Mindestjahresurlaubes. Die Grundsätze der Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH (C-350/06) lassen sich hier nicht übertragen. Dort war ausgeführt, dass es der Richtlinie widerspreche, wenn der Urlaubsanspruch um die Zeiten gekürzt werde, in denen der Arbeitnehmer wegen Krankheit unfreiwillig an der Inanspruchnahme von Urlaub gehindert sei.
Die Elternzeit stelle aber einen völlig anderen Tatbestand dar. Denn die Inanspruchnahme von Elternzeit und somit das Erlöschen des Urlaubs-/ Urlaubsabgeltungsanspruches geht auf eine Entscheidung des Arbeitnehmers selbst zurück und gerade nicht auf eine unfreiwillige Verhinderung wegen Krankheit. Gerade der Verzicht aufgrund einer Willensentscheidung des Berechtigten ist das entscheidende Kriterium. Sofern die Regelung diese Differenzierung berücksichtigt, widerspreche sie nicht der Richtlinie.
Da die Gewährung von Elternzeit aufgrund einer Entscheidung des Berechtigten selbst abstellt und somit die Folge der Kürzung des Urlaubsanspruches auch aufgrund einer Willensentscheidung beruht, verstößt die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht der Richtlinie und konnte auch im zugrunde liegenden Fall angewendet werden.